Frauen - zeigt Euch!

Frauen - zeigt Euch!

April 11, 2017

Es kommt nicht von ungefähr, dass ich um ein Interview über die Vermittlung von Frauen als Referentinnen angefragt worden bin. Es ist nämlich tatsächlich so, dass sie schwieriger zu gewinnen sind als Männer:

Frau Girsberger, laut Zahlen der Initiative Speakerinnen.org, die sich für mehr weibliche Redner auf Podien einsetzt, sind rund drei Viertel der Redner männlich. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Ganz ähnlich. Ich habe mir zwar geschworen, kein Angebot zu machen, das nicht mindestens eine Frau als Rednerin beinhaltet, muss aber feststellen: Es ist viel schwieriger eine Frau zu finden als einen Mann.

Weshalb ist dies so?

Egal ob es sich um eine Anfrage als Rednerin handelt oder um einen neuen Job: Frauen stellen sich und ihre Leistungen viel mehr in Frage als Männer, zieren sich eher und müssen öfters überzeugt werden, dass sie etwas können. Ausserdem gibt es hier nach wie vor zu wenige Vorbilder.

Ist an der oft angebrachten Entschuldigung: „Es gibt halt keine relevanten Frauen zu diesem Thema“ also etwas dran?

Diese Frauen gibt es sehr wohl, aber sie sind oft weniger sichtbar. Wer gezielt sucht, wird aber meist fündig. Gleichzeitig ist der Frauenmangel auf Podien auch themenabhängig. Momentan organisieren wir zum Beispiel einen grossen Kongress im Gesundheitsbereich. Hier ist es vergleichsweise einfach, Frauen zu finden – weil es in diesem Berufsfeld viele Expertinnen gibt.

Wer als Redner auf einem Podium für die Firma spricht, ist immer auch Aushängeschild. Liegt der Frauenmangel also auch daran, dass Frauen seltener in Führungspositionen sind?

Nein, das glaube ich nicht. Häufig sind für Podien Fachpersonen gesucht, bei denen es nicht auf Führungserfahrung ankommt. Und auch hier ist es oft schwierig, eine Frau zu finden.

„Muss ich jemanden erst überzeugen, zu sprechen, wird er nicht gut sein“ – richtig oder falsch?

Falsch! Richtig ist: Im Gegensatz zu Männern lassen sich viele Frauen erst nach einem ausführlichen Gespräch überzeugen, als Rednerin aufzutreten. Wenn sie beispielsweise genau wissen, wer das Zielpublikum ist und worum es inhaltlich geht. Genau aus diesem Grund sind Rednerinnen dann aber mindestens so gut wie jene, die auf Anhieb zusagen.

Verlangen Ihre Kunden eigentlich explizit weibliche Redner?

Sie suchen vor allem weibliche Moderatoren. Wir vermitteln ja beides – Referenten und Moderatoren. Ist das Panel mal wieder nur von Männern besetzt, heisst es oft: „Nun brauchen wir aber eine Moderatorin, damit wir noch eine Frau auf der Bühne haben.“ Das ärgert mich, weil dahinter die Haltung steckt „fürs Moderieren reicht es, das kann auch eine Frau“. Dabei ist dies ein mindestens ebenso wichtiger und anspruchsvoller Job.

Wie gewinnt man Frauen als Rednerinnen?

Meine Agentur hat nur weibliche Mitarbeiter. Auch aus diesem Grund sehen wir es als unsere Aufgabe an, Frauen zu überzeugen und sie eventuell bei der Vorbereitung als Sparring Partner zu unterstützen. Momentan überlegen wir, gezielt Frauen anzuschreiben und sie zu ermutigen „getraut euch, tretet auf!“ Gleichzeitig wollen wir aufrufen: „Falls ihr Frauen in eurem Umfeld kennt, die etwas zu sagen haben und dies gut machen – meldet euch!“ Wir Frauen müssen unser Netzwerk einfach besser pflegen und nützen.

Weshalb ist es wichtig, als Rednerin aufzutreten?

Will man sich bekannt machen, ist ein Auftritt eine gute Gelegenheit. Aber auch eine Botschaft oder Sache, die einem am Herzen liegt, lässt sich so in der Öffentlichkeit publik machen. Über 50 Prozent der Bevölkerung sind nun mal Frauen – deshalb sollten sie auch vermehrt sicht- und hörbar sein.

Was machen weibliche Redner anders oder vielleicht besser als männliche?

Meiner Erfahrung nach sind sie pünktlicher, liefern Präsentation zur rechten Zeit ab, setzen sich über das Setting genau ins Bild und sind gut vorbereitet. Kurz: Bei den Frauen, die wir vermitteln, stelle ich immer wieder fest: Sie sind sehr verlässliche Referenten.

(Interview: Kristina Reiss, etextera)